Feiertage werden durch das Gesetz angeordnet. Sie werden uns durch Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung verfassungsmäßig garantiert. In bestimmten Bundesländern werden bestimmte Tage als Feiertag begangen, in anderen nicht. Allerheiligen kommt zum Beispiel in Niedersachsen als Feiertag nicht vor, in NRW ist Allerheiligen anerkannte Institution. Daran merken wir, dass die Feiertage durch Landesgesetze geregelt werden. Der heutige Tag der Deutschen Einheit ist ein besonderer Tag, weil er nicht durch Landesgesetz festgelegt worden ist, sondern durch den Einigungsvertrag. In NRW gilt das Gesetz über die Sonn- und Feiertage (Feiertagsgesetz NW). An Feiertagen besteht ein Arbeitsverbot. Das wollen wir gelassen hinnehmen. Gartenarbeiten sind aber erlaubt. Veranstaltungen sind im Wesentlichen verboten. Bei Sportveranstaltungen drückt der Gesetzgeber ein Auge zu, wenn sie den Gottesdienst nicht unmittelbar stören. An stillen Feiertagen (Volkstrauertag, Allerheiligentag, Totensonntag, Karfreitag), die durch den Ernst des zugrunde liegenden Ereignisses geprägt sind, gelten besondere Regeln. Rundfunksender etwa müssen auf den ernsten Charakter des Feiertages Rücksicht nehmen. Ab 18.00 Uhr dürfen sie aber wieder voll aufdrehen.
Gesetzentwurf zur Dämpfung des Mietanstiegs:
Das Bundeskabinett hat am 01.10.2014 die Mietpreisbremse beschlossen. Die Mietpreisbremse ist damit noch nicht Gesetz, sondern muss erst noch den Gang durch die gesetzgebenden Gremien (Bundestag und Bundesrat) gehen. Die gesetzlich instrumentierte Mietpreisbremse heißt eigentlich Mietrechtsnovellierungsgesetz (MietNovG) und soll erreichen, dass ab 2015 die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2 BGB) höchstens um zehn Prozent übersteigen darf. Diese Regelung gilt nur in „Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten“. Um welche Gebiete es dabei geht, bestimmen die Landesregierungen durch Rechtsverordnung.
Der Gesetzentwurf befindet sich auf der Seite des BMJV. Das Gesetz könnte den Mieter in den vorgesehenen Fällen zwar entlasten, belastet aber letztlich den Steuerzahler, wie der Entwurf in seiner Begründung einräumt. Streitigkeiten zur zulässigen Miethöhe werden, so heißt es in der Begründung, zusätzliche Kosten durch die Beauftragung von Rechtsanwälten entstehen lassen. Damit ist auch eine „zusätzliche Belastung der Justiz“ zu erwarten. Der Deutsche Richterbund sieht erhebliche verfassungsrechtliche Probleme und große Schwierigkeiten bei der Feststellung der Vergleichsmiete, weshalb er sich wünscht, dass der Mietspiegel zwingend vorgeschrieben wird.
Wenig Freude an der zu erwartenden Novelle wird die Wohnungsvermittler haben, die ein Entgelt für ihre Tätigkeit nur noch von dem verlangen können, der sie beauftragt hat.
Münchener Oktoberfest und Handtaschendiebstahl:
Beim Oktoberfest trifft sich die Elite der Welt, insbesondere die Elite der Handtaschendiebe. Wer Opfer eines Handtaschendiebstahls geworden ist, wird alsbald feststellen können, wie gut er versichert ist. Fürs nächste Mal empfehle ich den Abschluss einer guten Hausratversicherung, die auch den üblichen Vorgang des Handtaschendiebstahls versichert. Der Versicherungsvertrag sollte eine Klausel wie die vorliegende enthalten:
„Versichert ist auch der Diebstahl von Taschen, sofern diese von Ihnen oder einer mit Ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person mitgeführt werden und die Wegnahme durch angewandte List, Schnelligkeit, besondere Geschicklichkeit oder Ausnutzung eines Überraschungsmoments erfolgt.“
Wer diese Klausel oder eine ähnliche nicht in seinen Versicherungsunterlagen stehen hat, kann eine Versicherungsleistung aus der Hausratversicherung nur im Falle des Einbruchdiebstahls geltend machen. Die meisten Hausratversicherungen enthalten eine Klausel über die Außenversicherung, wonach versicherte Gegenstände, auch wenn sie sich außerhalb des versicherten Objekts befinden, vom Versicherungsschutz erfasst werden. Dazu gehören auch Handtaschen und Mobiltelefone. Dennoch leistet der Versicherer meistens nicht, weil er den Versicherungsfall regelmäßig nicht für gegeben hält. Tatsächlich muss der Versicherungsnehmer ihm nachweisen, dass der Versicherungsfall eingetreten ist. Bei der üblichen Hausratversicherung ist nicht der Diebstahl der mitgeführten Handtasche versichert, sondern nur der Raub. Es muss also Gewalt angewendet oder zumindest angedroht worden sein. Gewalt liegt nicht vor, wenn versicherte Sachen ohne Überwindung eines bewussten Widerstandes entwendet werden. Deshalb handelt es sich nur um einen einfachen Diebstahl oder Trickdiebstahl, wenn der Besitzer der Handtasche abgelenkt wird oder wenn ihm die Handtasche unbemerkt weggenommen wird. Trägt der Besitzer die Handtasche an einem Riemen über der Schulter und reißt ihm der Dieb die Tasche weg, kommt es darauf an, ob der Besitzer angewandte Kraft nur für das Tragen der Handtasche benötigt hat, oder ob er weitere Kraft aufgewendet hat, um die Handtasche vor dem Wegreißen durch den Räuber zu schützen. Eine gewisse Hilfe bietet das Urteil des BGH vom 26.01.1977 – Aktenzeichen: IV ZR 41/76 - VersR 1977,417, der eine solche Prüfung nach dem Maß der angewendeten Gewalt für entbehrlich hält und jegliches Maß an Gewalt als ausreichend ansieht, egal ob die Gewalt sich auf das Wegreißen der Handtasche beschränkt oder ob Gewalt gegen den Körper des Handtaschenträgers angewandt wird. Das OLG Köln ist dem BGH in einem neueren Urteil vom 13.03.2007 - 9 U 26/05 – gefolgt. Viele Untergerichte nehmen aber die vorstehende Differenzierung nach dem Maß und der Richtung der Gewalteinwirkung noch weiter vor. So hat das LG Essen in seinem Urteil vom 18.08.2008 - 10 S 156/05 – entschieden, dass selbst dann nicht von einem Raub zu sprechen ist, wenn der Träger der Handtasche durch das Wegreißen der Tasche ins Wanken gerät. Anders als der BGH unterscheidet das Gericht also nicht zwischen einem Raub im versicherungstechnischen Sinne und einem Raub im strafrechtlichen Sinne. Raub, so hatte der BGH in der zitierten Entscheidung gesagt, ist das, was in Bevölkerungskreisen allgemein als Raub bezeichnet wird. Auf die strafrechtliche Dimension kommt es nicht an.
16.06.2011: Sehr wichtig!!! EuGH "erweitert" die Verkäuferhaftung. Der Verkäufer verkauft mangelhafte Fliesen. Natürlich muss er fehlerfreie Fliesen nachliefern. Wenn aber die Fliesen schon verlegt waren, ergibt sich ein weiteres Problem. Wer bezahlt die Kosten für die Demontage der mangelhaften Fliesen? Wer bezahlt die Neuverfliesung? Bislang gab es klare Rechtsprechungstendenzen. Die Ausbaukosten bezahlt der Verkäufer nach § 439 II BGB. Die Kosten der Neuverfliesung ersetzt er dagegen nur dann, wenn ihn nach §§ 434, 437 Nr. 3, 440, 280 I, 281 I BGB ein Verschulden trifft, was dann nicht der Fall sein soll, wenn der Verkäufer nicht selbst Hersteller ist (vgl. OLG Frankfurt vom 14.02.2008 – Az. 15 U 5/07, zitiert bei mir unter "Rspr. für Referendare"). Welches Verschulden sollte den Verkäufer schon treffen, wenn er an der Herstellung nicht selbst beteiligt ist? So hat es auch der BGH gesehen, der sich aber in seinem Beschluss v. 14.01.2009 - VIII ZR 70/08 genötigt gesehen hat, die Sache dem EuGH vorzulegen, weil die bisherige Rechtsprechung nicht richtlinienkonform sein könnte.
Heute hat der EuGH entschieden (C-65/09 und C-87/09). Er widerspricht unserer gängigen Rechtsprechung. Der Verkäufer haftet auch für den (Wieder-)Einbau des Verbrauchsgutes. Begründung: Allein die Lieferung mangelhafter Sachen ist pflichtwidrig und löst das Verschulden des Verkäufers aus. Die Leitsätze des EuGH lauten: "(1) Art. 3 II und III der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass, wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen. (2) Art. 3 III der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er ausschließt, dass eine nationale gesetzliche Regelung dem Verkäufer das Recht gewährt, die Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe zu verweigern, weil sie ihm wegen der Verpflichtung, den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in diese Sache vorzunehmen, Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unverhältnismäßig wären. Art. 3 III schließt jedoch nicht aus, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in einem solchen Fall auf die Übernahme eines angemessenen Betrags durch den Verkäufer beschränkt wird."
15.06.2011: Kleine Ursache - große Wirkung. Ein Fahrzeugmangel an einem Neufahrzeug lässt sich partout nicht beheben. Alle Nachbesserungsversuche schlagen fehl. Der Käufer tritt schließlich vom Kaufvertrag zurück. Später stellt sich heraus, dass der Mangel mit geringstem Aufwand zu beseitigen war. Hier stellt sich die Frage, ob der Käufer zum Rücktritt berechtigt war, obwohl der Mangel eigentlich nur bagatellhaften Charakter hatte. Nach § 323 V 2 BGB kann der Gläubiger nämlich nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Der BGH hat in seinem Urteil des VIII. Zivilsenats vom 15.6.2011 - VIII ZR 139/09 - klargestellt, dass es auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ankommt. Ist in diesem Zeitpunkt die Ursache des fehlerhaften Fahrverhaltens eines Fahrzeugs trotz mehrerer Reparaturversuche des Verkäufers nicht ermittelt, dann liegt ein erheblicher Mangel vor, auch wenn sich später - z.B. durch Gerichtsgutachten -herausstellt, dass der Mangel mit verhältnismäßig geringem Aufwand zu beheben gewesen wäre.
01.03.2011: Anerkenntnis nach Verkehrsunfall. Ein Unfallbeteiligter gibt nach dem Unfall direkt an der Unfallstelle spontan eine Erklärung ab. Eine schöne Darstellung der möglichen rechtlichen Bewertung einer solchen Erklärung findet sich im lesenswerten Urteil des OLG Saarbrücken vom 1.3.2011, 4 U 370/10 - 110. In Anlehnung an das Urteil könnte man fast von einer "3-Stufen-Theorie" sprechen: (1) Ein konstitutives Anerkenntnis ist in einer solchen Erklärung selten zu sehen, ein deklaratorisches Anerkenntnis nur dann, wenn der Erklärende eine auf Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtete Willenserklärung abgeben wollte, z.B. mit seiner Erklärung die Haftungsfolge herbeiführen wollte. Aufpassen: Ist der Erklärende nur der Fahrer, dann bindet sie den Halter nicht. (2) Eine Umkehr der Beweislast kommt in Betracht, wenn den Parteien die Tragweite ihrer Erklärung auch aus der Sicht eines in Rechtsdingen unerfahrenen Laien zumindest erkennbar war. Ein solches Bewusstsein wird im Regelfall vorhanden sein, wenn die Aussage in schriftlicher Verkörperung erfolgt. Das setzt voraus, dass der Erklärende noch am Unfallort ein schriftliches Dokument aufsetzt oder unterzeichnet. (3) Greifen die Stufen 1) und 2) nicht ein, so ist die an Ort und Stelle erfolgte Unfallschilderung jedenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Beweisanzeichen (Beweisindiz) für die Richtigkeit des Gegnervortrags zu bewerten.
17.02.2011: Ab sofort besser aufs Handy aufpassen. Diese Empfehlung liegt nahe, wenn wir das Urteil des BGH vom 17.02.2011 – III ZR 35/10 – lesen. In den AGB von Telekommunikationsdienstleistungsverträgen sind häufig Klauseln zu finden, die folgenden Inhalt haben: „Der Kunde hat auch die Preise zu zahlen, die durch …. unbefugte Nutzung der überlassenen Leistungen durch Dritte entstanden sind, wenn und soweit er diese Nutzung zu vertreten hat.“ Solche Klauseln halten einer Inhaltskontrolle stand. Mit solchen Vergütungsregelungen wird der Kunde nicht unangemessen benachteiligt, weil Mobilfunkdienstleistungen im Wege eines vollständig technisierten, anonymen Massengeschäftes erbracht werden und der Dienstleister von der konkreten Person des Kunden, der die Mobilfunkdienst-leistung abruft, keine Kenntnis nehmen kann. Der Dienstleister muss sich darauf verlassen können, dass der Kunde beim Gebrauch seines Mobiltelefons die erforderlichen Vorkehrungen trifft, damit Unbefugte keinen Zugriff auf Mobilfunkdienstleistungen erhalten. Letztlich wird durch solche vom BGH für wirksam gehaltene Klausel die Rechtsprechung herausgefordert werden, die jetzt entscheiden muss, wie weit die Sorgfaltspflichten des Kunden im Einzelnen gehen und wo sie Grenzen hat. Diese Grenzen werden sich gerade an dem Umstand orientieren müssen, dass Handy und SIM-Karte bestimmungsgemäß an jeglichem Ort eingesetzt werden können, auch außerhalb der geschützten Sphäre der Wohnung, womit sie die Riskosphäre des Nutzers verlassen. Zu erwarten ist eine differenzierende Rechtsprechung insbesondere für den Fall des Verlustes von Handy und/oder SIM-Karte.
27.01.2011: Nicht nur Handwerkerleistung ist Werkvertrag. Das Urteil des BGH vom 27.01.11 - VII ZR 133/10 ist eher unspektakulär, für Studenten und Referendare aber sehr hilfreich. Wir lernen daraus, dass wir uns bei der rechtlichen Einordnung eines Vertrages nicht zu vorschnell festlegen dürfen. Die Erstellung einer Internetseite, die Beratung des Domaininhabers und seine Betreuung sind insgesamt keine Dienstleistungen, sondern Leistungen aus einem Werkvertrag. Solche Verträge können bekanntlich gemäß § 649 BGB gekündigt werden. Der BGH ergänzt: Sie können auch dann gekündigt werden, wenn die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist. Denn mit dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung sichert sich der Unternehmer sein Vergütungsinteresse, während das Vergütungsinteresse bei der außerordentlichen Kündigung weiter besteht. Die Vergütung für den erbrachten Teil der Leistung bleibt voll erhalten, die Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen ist um die ersparten Aufwendungen zu mindern. An dieser Stelle wird das Urteil übrigens für den Praktiker unangenehm. Die Praxis hat die erbrachten Leistungen meistens nach der Dauer des Vertrages gequotelt. Bei einem 3-jährigen Vertrag erhielte der Unternehmer also 2/3 seiner Vergütung ungekürzt, wenn er 2 Jahre lang seine Leistungen erbracht hat. Diese Rechenmethode dürfte auch nach der BGH-Entscheidung noch richtig sein, wenn der Unternehmer seine Leistungen gleichmäßig Monat für Monat erbringt. Schwierig wird es aber, wenn die Hauptleistungen gleich zu Anfang des Vertrages erbracht wurden. Dann muss der Unternehmer – so der BGH – seine Kalkulation offen legen.
13.08.2008: Nacherfüllung geht nicht auf Neueinbau. Soeben hatte Frau Ref. Fuchslocher unter der Rspr. für Referendare darüber berichtet, dass der Verkäufer einer Sache nicht nach § 439 I BGB dafür zu haften hat, dass anstelle der mangelhaften Ware mangelfreie Ware neu eingebaut wird. Offensichtlich hat sie mit ihrer Meinung das richtige Händchen bewiesen. Denn jetzt haben wir es höchst offiziell. Auch der BGH hat in seinem soeben mit Gründen veröffentlichten Urteil vom 15.07.2008 - VIII ZR 211/07 - mit genau den selben Gründen klargestellt, dass § 439 I BGB nur einen modifizierten Erfüllungsanspruch gibt, aber keine Anspruchsgrundlage für Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche darstellt. Dem Urteil zugrunde lag ein Sachverhalt, in dem der Verkäufer mangelhaften Parkettboden lieferte. Der Verkäufer muss nur für die Neulieferung einstehen, nicht für die Kosten des Einbaus. Es gibt aber andere Anspruchsgrundlagen: §§ 280, 281 BGB. Hier muss man aber sehr genau das Verschulden prüfen. Oft kann der Verkäufer, der nur Zwischenverkäufer ist, "nichts dafür", dass ihm selbst fehlerhafte Ware geliefert wurde. Extrem klausurrelevant für beide Staatsexamina!
29.06.2008: Erfolgsstory für Rechtsanwälte (Neue Gesetze in Menge, Teil 3). Geändert wird per 01.07.2008 auch das RVG. Es tritt das Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren in Kraft. Die Vergütungsvereinbarung des Rechtsanwaltes ist in § 3a RVG geregelt, das erfolgsunabhängige Honorar - Anwalts Liebling - in § 4. Erfolgshonorare gibt es nur in den gesetzlich geregelten Fällen.
27.06.2008: Was ist ein Großes Familiengericht (Neue Gesetze in Menge, Teil 2)? Heute hat der Bundestag das FamFG in 2. und 3. Lesung verabschiedet. Das Große Familiengericht und das Betreuungsgericht werden kommen, das gute alte Vormundschaftsgericht wird abgeschafft. Das Gesetz soll am 01.09.2009 in Kraft treten. Wer schon jetzt mehr darüber erfahren will (Könnte Thema der mündlichen Prüfung sein.), klicke hier.
25.06.2008: Neue Gesetze in Menge. Auch wenn die kommenden neuen Gesetze nicht gerade eine Revolution bedeuten, sollte man sie doch kennen. Da wäre zunächst einmal das zum 1.7.08 in Kraft tretende Rechtsdienstleistungsgesetz ( RDG ). Das Rechtsberatungsgesetz wird ausgemustert. Was wir bisher als Rechtsberatung kannten, heißt jetzt Rechtsdienstleistung; mit dem Begriff wird man sich anfreunden können, weil er die regulierte Tätigkeit etwas genauer bezeichnet und auch zutreffend den Weg ins Dienstleistungsrecht weist. Merken sollte man sich Art. 1 § 3 RDG: Die Rechtsdienstleistung ist nur zulässig, wenn sie nach dem Gesetz erlaubt ist. Verträge, die gegen Art. 1 § 3 RDG verstoßen, sind regelmäßig nach § 134 BGB unwirksam. Art. 8 RDG ändert die §§ 78 - 80, 90, 157 ZPO. Gemäß § 79 I ZPO n.F. muss sich auch das Inkassounternehmen grundsätzlich vor Gericht eines Anwalts bedienen. Und nach § 157 ZPO kann der Referendar im Vorbereitungsdienst als bevollmächtigter Vertreter seines ausbildenden Rechtsanwaltes im Parteiprozess (nur da) auftreten.
19.03.2008: Der Vollstreckungsbescheid muss nicht auf die Couch. Damit die 2-wöchige Einspruchsfrist nach §§ 700 I, 339 ZPO zu laufen beginnt, muss der Vollstreckungsbescheid wirksam zugestellt sein. § 170 I S.2 ZPO besagt, dass die Zustellung an die nicht prozessfähige Partei unwirksam ist. Bedeutet dies, dass die Einspruchsfrist nicht zu laufen beginnt und der Prozessunfähige praktisch zu einem beliebigen Zeitpunkt Einspruch einlegen kann? Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 19.3.08 - VIII ZR 68/07 - auf den Standpunkt der früheren Rechtsprechung zu § 171 I ZPO alter Fassung (BGH v. 25.03.88 - V ZR 1/87 -, BGHZ 104, 109 ff.) gestellt. Die Frist beginnt mit der (unwirksamen) Zustellung. Grund: der Rechtsfrieden. Selbst rechtskräftige Vollstreckungsbescheide könnten andernfalls noch nachträglich aufgehoben werden, wenn der Lauf der Einspruchsfrist durch Hinweis auf die latente Geschäftsunfähigkeit noch beeinflusst werden könnte. Dem Prozessunfähigen bleibt nur der Weg über die Nichtigkeitklage nach § 578 I, § 579 I Nr. 4, § 586 III ZPO. Der Einspruch ist dagegen verspätet. Bitte unbedingt merken.
15.03.2008: Also, wat is en Mangel? Ein Fahrzeug hatte einen verdeckten Unfallschaden, als es die Beklagte - ein gewerblicher Verkäufer - weiter verkaufte. Der Vorbesitzer hatte es mit dem Zusatz "Unfallschäden lt. Vorbesitzer: nein" verkauft, die Beklagte mit einem gleich lautenden Zusatz an den Kläger weiter verkauft. Der BGH musste jetzt entscheiden, ob der beseitigte, aber aufklärungsbedürftige Heckschaden einen Mangel nach § 434 BGB darstellte (U. v. 12.3.08 - VIII ZR 253/05). Der BGH geht - natürlich - analytisch vor und untersucht alle in Betracht kommenden Umstände. Eine positive Beschaffenheitsvereinbarung (Haftung für Unfallschaden) haben die Parteien gerade nicht getroffen; wenn der Verkäufer auf den Vorbesitzer verweist, dann will er keine eigene Einstandserklärung abgeben. Ebenso wenig kommt aber eine negative Beschaffenheitsvereinbarung (keine Haftung für Unfallschaden) in Betracht, weshalb die Frage nicht mehr zu klären ist, ob eine solche Vereinbarung nicht ein verkappter Haftungsausschluss ist und an § 475 I 1 BGB (Verbrauchsgüterkauf) scheitert. Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs darf der Käufer erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, abgesehen von einem nicht weiter erwähnenswerten "Bagatellschaden". Lesen Sie weiter, was der BGH zur Möglichkeit der Nacherfüllung (§ 326 V BGB) und zur Unerheblichkeit des Mangels (§ 323 V 2 BGB) schreibt.
08.03.2008: Kündigung als Drohung. Sehr informativ ist der Arbeitsrechtsfall, den das BAG am 28.11.2007 -6 AZR 1108/06 - entschieden hat. Das Urteil mit Schwerpunkt im AT des BGB wurde soeben veröffentlicht. Der Kläger war Arbeitnehmer in einer Großkanzlei, deren Klientel sich aus Banken und Anlageunternehmen zusammensetzte. Als der Kläger in einem Zeitungsartikel auf die Gefahr der Verjährung von zahlreichen Anlageforderungen zum Ende des Jahres hinwies, sah die beklate Kanzlei dies als einen Affront gegen die Mandantschaft. Sie stellte ihm die fristlose Kündigung in Aussicht, wenn er nicht binnen 3 Tagen einen vorbereiteten Aufhebungsvertrag unterschrieb. Es gelang dem Kläger, den Aufhebungsvertrag sehr vorteilhaft zu seinen Bedingungen zu verändern, focht die auf den Abschluss des Aufhebungsvertrages gerichtete Willenserklärung aber später an. Was zunächst die Wirksamkeit des Vertrages angeht, so hat das BAG sehr ausführlich geprüft, ob die Unterzeichnung des Vertrages durch einen einzigen Gesellschafter - die Anwaltskanzlei ist eine BGB-Gesellschaft - auch namens des anderen Gesellschafters erklärt war. Das hat es bejaht. Sehr systematisch und übersichtlich hat sich das BAG dann mit den die Anfechtung nach § 123 I BGB betreffenden Fragen auseinandergesetzt. Einen Ausschluss der Anfechtung durch Bestätigung gemäß § 144 I BGB hat es verneint und die Bestätigung insbesondere nicht darin gesehen, dass der Kläger nach Abschluss des Vertrages während der Arbeitszeit nach einer neuen Arbeitsstelle gesucht hat. Die einjährige Anfechtungsfrist des § 124 I BGB sieht es als gewahrt an, § 2 Satz 2 KSchG mit der kürzeren 3-Wochen-Frist hält es nicht für anwendbar. Auch eine Verwirkung lehnt das BAG (mit schöner Definition des Verwirkungstatbestandes) ab. Interessant auch die Prüfung der Voraussetzungen des § 123 I BGB. Die Ankündigung einer widerrechtlichen Kündigung ist eine Drohung, das sollte man sich merken. Also war zu prüfen, ob die in Aussicht gestellte Kündigung unberechtigt war. Das hat das BAG wiederum bejaht. Stellt sich die weitere Frage, ob die Drohung kausal war für den Abschluss des Aufhebungsvertrages. Das BAG: nein, war sie nicht, denn der Kläger hat nachverhandelt und ein für ihn günstiges Verhandlungsergebnis erzielt. Könnte ich mir gut als Arbeitsrechtsklausur oder Examensquiz vorstellen.
27.02.2008: BVerfG kreiert Computergrundrecht. Dies ist eine Seite für Zivilrechtler. Aber die heute ergangene Entscheidung des BVerfG ist von epochaler Bedeutung, so dass sie hier erwähnt werden muss. Wir müssen uns merken, dass es ein Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gibt. Das BVerfG leitet es aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht her. Ergebnis: das Land NRW hat sich mit seinem Verfassungsschutzgesetz NRW zu weit herausgetraut. Seine Vorschriften zur Online-Durchsuchung sind teilweise nichtig, weil sie in das Computergrundrecht eingreifen, ohne auf eine verfassungsmäßige gesetzliche Grundlage zurückgreifen zu können. Zu präventiven Zwecken und zur Strafverfolgung kann ein solcher Eingriff allerdings ausnahmsweise gerechtfertigt sein.
26.02.2008: BGH hat bei Schrottimmoblilien ein Dejavu. In dem immer gleichen Fall hat der BGH heute erneut zur Frage von Schrottimmoblien Stellung bezogen. Seine Argumentation kennen wir inzwischen. Der Kreditnehmer kann einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung gemäß § 2 HWiG haben, wenn die Haustürsituation zumindest bei Vertragsabschluss vorgelegen hat. Das Verschulden der finanzierenden Bank kann darin bestehen, dass sie evident unrichtige Angaben des Vermittlers oder Verkäufers zur angeblich mit dem Appartement erzielbaren Miete nicht geprüft hat.
25.02.2008: Notwehr ist nicht gleich Notwehr. Das lehrt uns der BGH in seiner gerade veröffentlichten Entscheidung vom 30.10.2007 - VI ZR 132/06 -. Wir lernen aus dieser Entscheidung, dass die Notwehrhandlung "sektional" (scheibchenweise) zu untersuchen ist. Entscheidend ist also die Frage: Welche der aufeinander folgenden Handlungen des Schädigers ist noch von seinem Notwehrrecht nach § 227 BGB gedeckt und welche nicht mehr? Im Gutachten sollten wir die einzelnen Handlungen also aufgliedern (Notwehrrecht, soweit der Schädiger den Geschädigten weggeschubst hat; Notwehrrecht, soweit er ihn dreimal gegen den Kopf geschlagen hat; Notwehrrecht, soweit er auf dem Boden auf ihn eingeschlagen hat). War der Schädiger nur hinsichtlich einzelner Handlungen zur Notwehr berechtigt und hinsichtlich der anderen nicht mehr, dann gibt es ein Beweisproblem. Es stellt sich die Frage, ob die jeweilige Verletzung durch eine Notwehrhandlung verursacht wurde oder durch eine Handlung, die nicht auf einem Notwehrrecht beruht. Dass die geltend gemachte Verletzung von einer nicht rechtmäßigen Handlung herrührt, muss nach allgemeinem Beweisrecht der Anspruchsteller beweisen. § 830 I 2 BGB gilt hier nicht.
22.02.2008: Väter müssen ihren Kindern keine Lollies mehr klauen. Und da ist da noch der Prüfer, der Ihnen im Mündlichen ganz zum Schluss noch die Frage stellt: "Was wissen Sie eigentlich über das neue Abstammungsrecht?" Sie können ganz gelassen antworten, denn Sie wissen, dass zum 31.03.2008 das neue Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren in Kraft treten soll. Damit - so die Bundesregierung - wird das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Familienangehörigen in Gesetzesform gegossen. Wenn Vater, Mutter oder Kind erfahren wollen, ob die Abstammung des Kindes gesichert ist, muss keiner mehr in das Anfechtungsverfahren (vgl. § 1599 BGB) gehen, wo die Abstammungsfrage sozusagen inzidenter geklärt werden. Auch der untaugliche Versuch manchen Vaters, anhand der Speichelspuren des Kindes an Kaugummi oder Lolly die Abstammung heimlich überprüfen zu lassen, hat demnächst ein Ende. Dem Familienangehörigen wird durch das Gesetz ein Anspruch auf Einwilligung in die genetische Abstammungsuntersuchung und in die Entnahme der erforderlichen Proben eingeräumt. Fristen gibt es nicht. Wird die Einwilligung versagt, kann sie vom Familiengericht ersetzt werden. Erforderlich geworden ist das Gesetz aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 13.02.07 - 1 BvR 421/05 -.
20.02.2008: Ärger mit der Inzahlungnahme. Wie wird ein Kaufvertrag (z.B. über ein Neufahrzeug) rückabgewickelt, wenn der Käufer ein Altfahrzeug in Zahlung gegeben hat? Im vorliegenden Fall, den der BGH heute entschieden hat - U. v. 20.02.08 - VIII ZR 334/06 -, hatte der Käufer ein Fahrzeug in Zahlung gegeben, der Verkäufer hatte es zu einem für den Käufer sehr vorteilhaften Preis in Zahlung genommen, indem er für den Käufer ein Autodarlehen abgelöst hatte, das viel höher valutierte, als der alte Pkw wert war. Der Knackpunkt war, dass der Käufer anschließend wegen eines Mangels am Neufahrzeug vom Kaufvertrag zurücktrat. Der Käufer hätte zu gern statt des Altfahrzeuges den dafür angerechneten Geldbetrag zurückgehabt. Aber nicht mit dem BGH. Denn wegen des vom Käufer erklärten Rücktritts muss auch die Vereinbarung über das von der Verkäuferin übernommene Altfahrzeug rückabgewickelt werden. Eigentlich naheliegend. Dem Käufer wird also sein Altfahrzeug zurückübereignet, und der Verkäufer erhält Wertersatz für das von ihm abgelöste Restdarlehen.
Es scheint, als wenn der BGH gleich zu Anfang des Jahres ein paar Klausurenklassiker neu ins Rampenlicht bringen wollte. Unbedingt nacharbeiten! Und vielleicht schon mal BGH v. 30.10.02 - VIII ZR 119/02 - lesen. Weitere Lektüre: Binder, Die Inzahlungnahme gebrauchter Sachen vor und nach der Schuldrechtsreform am Beispiel des Autokaufs „Alt gegen Neu“, NJW 03, 393.
20.02.2008: Unberechtigte Abmahnung - kein Grund zur Klage. Es ist schon aufregend, wie viele für Studenten und Referendare wichtige Urteile der BGH zur Zeit veröffentlicht. Das Urteil v. 0.08.08 - VIII ZR 139/07 - ist wegen seiner Strukturen von großem Interesse. Der Mieter fühlte sich zu Unrecht durch den Vermieter abgemahnt und wollte dagegen angehen. Geht aber nicht, sagt der BGH. Spannend sind die einzelnen Untersuchungsschritte: Kein Unterlassungs- oder Beseitigungsanpruch, weil das Mietvertragsrecht ihn nicht vorsieht. Keine Analogie zum Arbeitsrecht. Unzulässigkeit der Feststellungsklage, weil kein Rechtsverhältnis nach § 256 I ZPO festgestellt wird; denn es geht ja nur um die Frage, ob das Verhalten des Mieter rechtswidrig war.
13.02.2008: Maklerrecht - ein Klausurrenner. Mit seiner jetzt veröffentlichten Entscheidung v. 17.1.2008 - III ZR 224/06 - hat der BGH dem Maklerrecht einen eindrucksvollen Besuch abgestattet. Vier Paragrafen hat der "Mäklervertrag" nur, aber sie geben immer wieder Anlass für wunderschöne Klausuren aus dem Kaufrecht (!). Der Ausgangspunkt ist fast immer der gleiche. Der Makler möchte seinen Lohn für die Vermittlung eines Kaufvertrages, und fast immer stellt sich die Frage, ob der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist. So auch im entschiedenen Fall. Der BGH hat hintereinander geprüft, ob der Vertrag schwebend unwirksam war (aber die Genehmigung nach §§ 1 I, 2 I Nr.1 GVO wurde erteilt), ob der Vertrag von den Kaufvertragsparteien nachträglich einvernehmlich aufgehoben wurde (hätte den Provisionsanspruch bestehen lassen), ob der Käufer den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 I BGB erfolgreich angefochten hat (aber die 1-Jahresfrist nach § 124 I BGB wurde versäumt) und schließlich ob der Käufer wirksam wegen falscher Zusicherungen der Verkäuferin vom Vertrag zurückgetreten ist (womit der Provisionsanspruch entfällt). Der Rücktritt war das Hauptproblem. Zurücktreten kann der Käufer auch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (§§ 311 II, 241 II, 280 I BGB), weil der Käufer bei falschen Zusicherungen so zu stellen ist, als wäre der Kaufvertrag nicht geschlossen worden. Sehr schöne Überlegungen des BGH sodann zur Frage des Verhältnisses von c.i.c. und kaufrechtlicher Gewährleistung sowie zur Darlegungslast des Maklers. Bitte, bitte, durcharbeiten.
08.02.2008: Schuldrecht AT im Anwaltsrecht. Was auf den ersten Blick spezielles Recht des Anwaltsvertrages zu sein scheint, entpuppt sich beim näheren Hinsehen als examensinteressantes Paradestück aus dem Schuldrecht AT. Ein Anwalt hatte in dem vom BGH soeben veröffentlichten Fall seine Partei außergerichtlich gegen eine Großbank vertreten und dabei ein großzügig bemessenes Stundenhonorar von 500,00 € kassiert. Als dann der Klageauftrag erteilt wurde, winkte der Anwalt ab. Die Großbank war eine gute Kundin, gegen die er nicht klagen mochte. Solches Verhalten berechtigt - so der BGH - grundsätzlich zu Schadensersatzansprüchen. An den geehrten Leser die Frage, was die Anspruchsgrundlage ist. Die Antwort ergibt sich aus dieser Norm in Verbindung mit dieser Norm. Der BGH nimmt zugunsten des Mandanten eine Aufklärungspflicht des Anwalts über seine Geschäftsbeziehungen zur Gegnerin an. Tatsächlich wird der Mandant, der einen Anwalt mit seiner außergerichtlichen Vertretung beauftragt, grundsätzlich erwarten dürfen, dass der Anwalt seine Interessen auch bei Gericht weiter verfolgt.
05.02.2008: Vorsicht beim Verlangen nach Mangelbeseitigung. Mit Urteil vom 23.01.2008 hat der BGH ein altes Problem endgültig geklärt. Was wenn der Käufer einen Mangel beanstandet und sich im Zuge der Nachbesserung durch den Verkäufer herausstellt, dass der Kunde den Mangel selbst zu verantworten hat? Antwort: der Käufer haftet aus dem Gesichtspunkt positiver Vertragsverletzung (§ 280 I BGB). Im vorliegenden Fall hatte der Verkäufer eine Lichtrufanlage installiert und die Beklagte sie in das von ihr betriebene Altenheim eingebaut. Der Fehler lag aber gar nicht bei der Lieferantin. Entweder hatte die Beklagte eine notwendige Kabelverbindung nicht hergestellt oder es hatte Personal eine vorhandene Einstellung der Anlage verändert. Durch diese Rechtsprechung wird das Recht des Käufers, Mängelbeseitigung zu verlangen, nicht entwertet. Ein Problem ist nur die Frage des Verschuldens. Nicht jedes unberechtigte Mängelverlangen führt zur Schadensersatzpflicht. Besondere Fachkenntnisse sind dem Käufer bei der Geltendmachung natürlich nicht abzuverlangen. Die eigene Prüfungspflicht ist aber verletzt, wenn er nicht bemerkt hat, dass die Mangelursache in seinem eigenen Einflussbereich lag.
01.02.2008: Ja gibt es denn das, Sie kennen die neuen Gesetze noch nicht? Ab 01.01.2008 hat sich die Gesetzeslage in einigen Bereichen geändert. Und es sieht so aus, als ob viele Studenten und Referendare das neue Recht gar nicht zur Kenntnis genommen haben, dabei ist es in der Praxis enorm wichtig. Da ist zunächst einmal das neue, offensichtlich Studenten und Referendaren ganz unbekannte Versicherungsvertragsrecht. Hier stellt sich uns ein stark verändertes Recht vor, das den Verbraucherschutz wesentlich verstärkt hat, umfassende Aufklärung und Verbraucherinformationen verlangt und vom Alles-oder-nichts-Prinzip Abstand nimmt. Empfohlene Lektüre: Langheid, Die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes, NJW 07, 3665 ff. + 07, 3745 ff. Wer einen schnellen Überblick gewinnen will, klickt auf die Seite der BJM. Und dann auch gleich ans neue Familienrecht denken. Das geänderte Unterhaltsrecht betont den Grundsatz der Eigenverantwortung der Ehegatten und modifiziert die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten. Zur Vertiefung empfehle ich die Aufsätze von Born, Das neue Unterhaltsrecht, NJW 08, 1 ff.; sowie von Borth, Der Betreuungsunterhalt geschiedener Ehegatten und die Erwerbsobliegenheit nach neuem Recht, FamRZ 08, 2 ff.; und schließlich von Gerhardt, Die Unterhaltsreform zum 01.02.2008, FuR 08, 9 ff. Studenten und Referendare aus Nordrhein-Westfalen sollten sich merken, dass auch das GüSchlG NW geändert wurde. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist nunmehr auch unterhalb von 600 Euro kein Schlichtungs-Vorverfahren mehr notwendig. Dafür ist ein solches Verfahren in bestimmten Ansprüchen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zwingend.
Und schließlich: Seit dem 01.01.2008 gibt es einen neuen Basiszinssatz! Er ist von 3,19 % auf 3,32 % angehoben worden. Die Höhe der Basiszinssaätze der vergangenen Jahre kann man hier anklicken.
14.01.2008: BGH billigt Telefonsex. Na, ja, was schreibt man nicht alles, damit der verehrte Leser aufmerksam wird. Tatsächlich hat der BGH in einem soeben veröffentlichten Urteil vom 08.11.2007 - III ZR 102/07 - klargestellt, dass für die Vermarktung und Vermittlung von Telefonsexdienstleistungen nichts anderes gilt als für den Vertrag über die Erbringung von Telefonsexdienstleistungen. Wer Telefonsex in Anspruch, kann den Anbieter wegen § 1 ProstG nicht mehr auf § 138 I BGB verweisen. Der Anbieter hat einen vertraglichen Entgeltanspruch. Nun war allerdings an dem vorliegenden Rechtsstreit der Anrufer gar nicht beteiligt. Vielmehr wurde der Mehrwertdienstleister (0190-Numer) von einem anderen Unternehmen, das die Vermarktung und Vermittlung übernommen hatte, unterstützt, wofür der zwischen beiden geschlossene Vertrag ein Entgelt vorsah. Für diesen Vertrag gilt § 1 ProstG nicht. Der BGH: Dennoch kein Fall der Sittenwidrigkeit. Die Anschauungen haben sich geändert. Wenn für die Ausübung der "klassischen" Prostitution eine wirksame Entgeltforderung begründet werden kann, dann muss dies auch für den Telefonsex und erst recht für die in diesem Zusammenhang erbringenden Vermarktungs- und Vermittlungsleistungen gelten.
09.01.2008:Von "geminderten" Hengsten. Ein ständiges Problem in Klausuren ist die fehlende Fristsetzung bei der Gewährleistung. Es wird häufig von Studenten und Referendaren übersehen oder unterschätzt. Kein Schadenserstzanspruch, kein Rücktritt, keine Minderung ohne Fristsetzung! Wenn aber der Verkäufer arglistig getäuscht hat, wenn er z.B. einen Mangel arglistig verschwiegen hat, dann ist keine Fristsetzung erforderlich. Der arglistig täuschende Verkäufer erhält keine zweite Chance (zur Nachbesserung). Denn die erforderliche Vertragsgrundlage ist entfallen (§ 323 I Nr.3 BGB). Das gilt - so zumindest der BGH in seinem Urteil vom heutigen Tage - selbst dann, wenn ein vertrauenswürdiger Dritter den Mangel abstellen kann. Man sollte sich diese Lösung merken.
01.08.2007: Ab heute werden die rauchenden Christen verfolgt. Zumindest mit Rauchverboten in einigen Bundesländern. Grund genug, um sich mit einigen rechtlichen Aspekten des Rauchens zu beschäftigen.
Die Klagen der Raucher wegen Tabakschäden gegen die Tabakindustrie haben bisher in Deutschland noch nie Erfolg gehabt. So hat das OLG Hamm mit Beschlüssen vom 04.06.04 und 14.07.04 (NJW 05, 295; vgl. auch OLG Frankfurt NJW-RR 01, 1471) die Haftung eines Zigarettenherstellers für die schwere Herzerkrankung eines Rauchers nach dem Produkthaftungsgesetz abgelehnt gehabt, weil bei Zigaretten „kein haftungsrelevanter Konstruktionsfehler“ vorliegt. Die typischerweise mit der Benutzung eines Produkts verbundenen und dem Verbraucher bekannten, von ihm auch hingenommenen Gefahren muss der Hersteller nicht abwenden. Damit hat das OLG klargestellt, dass der Hersteller auch nicht für das Einfügen süchtigmachender Stoffe zu haften hat. Aber rechnet der Raucher mit solchen Stoffen? Einen Instruktionsfehler verneint das OLG Hamm ebenfalls, weil die Hersteller den gesetzlichen Aufklärungs- und Hinweispflichten nachkommen. Die Meinung der Hammer Richter wird von den italienischen obersten Richtern nicht geteilt. Nach Auffassung des Corte d'Appello Rom in seinem Urteil vom 07.03.05 stellen Tabakherstellung und -verkauf eine gefährliche Tätigkeit i.S.d. Art. 2050 Codice civile dar. Der Tabakhersteller und -vermarkter wären daher verpflichtet gewesen, in jeder geeigneten Weise über die Gefahren des Rauchens aufzuklären, so z.B. durch eine systematische Informationskampagne und das Anbringen von Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln.Dass das Rauchen in der Öffentlichkeit heute so weit gehend verboten ist, ist Ende einer langen Entwicklung. Nach LG Darmstadt RRa 2002, 275 verstieß die Fluggesellschaft nicht gegen eine Schutzpflicht, wenn sie in Folge der Auslastung des Fluges kurzfristig keine Nichtraucherplätze zuweisen kann. Da hatte man noch nicht den Mut, das Rauchen grundsätzlich im Flugzeug zu verbieten. Dagegen hat der BGH bereits 1980 (Urteil vom 04.12.80 - VII ZR 217/80 = NJW 81, 569) entschieden gehabt, dass das Rauchverbot auf U-Bahnsteigen verfassungskonform ist. Dem Raucher wird immerhin noch gestattet, in der eigenen Wohnung zu rauchen, wobei die Nikotinablagerungen, wenn sie den üblichen Rahmen nicht überschreiten, noch zum vertragsgemäßen Gebrauch gehören (BGH v. 28. 6. 2006 - VIII ZR 124/05). Schlussfolgerung: Bei übermäßigem Rauchen ist der Mieter zu Schönheitsreparaturen verpflichtet. Heute kennt der Streit um Rauchen kein Ende mehr. Selbst im Knast geht es um die Frage, ob der Mithäftling rauchen darf (OLG Celle v. 01.06.04 - 1 Ws 102/04 = NJW 04, 2766). Ein Wortungetüm schützt den Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz vor den Folgen des Passivrauchens: Es ist die „Verordnung zur Rechtsvereinfachung im Bereich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, der Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes" (BGBl. I S. 2002, 3777), die am 3. 10. 2002 in Kraft getreten ist. Bislang bestand ein Rauchverbot nur bei einer konkreten Gefahr für den Passivraucher. Der hiernach neu gefasste § 5 ArbStättV geht davon aus, dass Passivrauchen an sich gesundheitsgefährdend ist, weshalb der Arbeitgeber im Einzelfall eine fehlende Gefahr nachweisen muss.
19.07.2007: Die SMS und der Auskunftsanspruch des Empfängers. Wer eine ungewünschte Werbe-SMS erhält, kann dagegen zivilrechtlich vorgehen. Da gibt es aber eine Schwierigkeit: Der Empfänger der Werbe-SMS muss den Veranlasser kennen. In dem vom BGH heute entschiedenen Fall wollte der Empfänger von der Telefongesellschaft Namen und Anschrift des Veranlassers erfahren – und berief sich auf § 13a UKlaG, der dem individuellen Adressaten einer Werbe-SMS einen Auskunftsanspruch gegenüber der betreffenden Telefongesellschaft einräumt. Die wiederum verwies auf § 13a S.2 UKlaG, denn danach gibt es den Anspruch (vermeintlich) nicht, wenn ein entsprechender Auskunftsanspruch zugunsten eines (Verbraucher-)Verbandes besteht. Damit allerdings würde der Individualanspruch ständig unterlaufen, was den BGH veranlasst, § 13a S.2 UKlaG restriktiv auszulegen: Der Auskunftsanspruch des individuellen Verbrauchers scheidet nur dann aus, wenn ein Verband den entsprechenden Auskunftsanspruch bereits geltend gemacht hat. Das war hier nicht der Fall.
18.07.2007: Zylinderkopfdichtungsfall. Nach dem Zahnriemenfall (BGHZ 159, 215) und dem Turboladerfall (NJW 2006, 434) erklärt uns der BGH jetzt heute im Zylinderkopfdichtungsfall, welche Unterschiede er bei der Beweislastumkehr nach § 476 BGB machen will (zum Katzenfall vgl. News vom 11.07.07). Beim Zahnriemenfall und beim Turboladerfall war es so, dass die Zerstörung des Motor auf jeden Fall nach der Übergabe eingetreten war und hierfür nicht nur ein Mangel, sondern auch ein Fahrfehler oder ein nicht der Gewährleistung unterfallender Verschleißschaden verantwortlich sein konnte. In solchen Fällen – so der BGH – kommt dem Verbraucher die Vermutung aus § 476 BGB nicht zur Hilfe. Den jetzt entschiedenen Zylinderkopfdichtungsfall benötigt der BGH, um deutlich zu machen, dass die Sache anders liegt, wenn es unklar bleibt, ob der Motorschaden vor der Übergabe durch einen Mangel oder nachher durch einen Bedien- oder Fahrfehler des Käufers eingetreten ist. Dann greift zugunsten des Käufers die Beweislastumkehr ein. Wie mir scheint, wird die Rspr. des BGH allmählich kasuistisch.
16.07.2007: Bremer Vulkan explodiert aufs Neue. Wer die Entscheidung von der Bremer Vulkan nicht kennt, wird sich über die Überschrift etwas wundern. In BGHZ 149, 10 hatte der BGH Grundsätze zur Existenzvernichtungshaftung aufgestellt. Wir müssen uns diese Grundsätze nicht mehr länger merken. Der BGH ist in seinem Urteil von heute - II ZR 3/04 - über seinen Schatten gesprungen und hat neue Grundsätze zur Existenzvernichtungshaftung aufgestellt. Die Existenzvernichtungshaftung setzt sich mit der Frage auseinander, ob der Gesellschafter einer GmbH für missbräuchliche Eingriffe, die zur Insolvenz der GmbH führen oder sie zumindest vertiefen, zu haften hat. Im vorliegenden Fall hatte der Gesellschafter eigenmächtig vermögensmindernde Maßnahme zuungunsten der Gesellschaft getroffen, Vermögen an die Mutter sicherungsübereignet, zahlungsunwillige Schuldner aus dem Pachtvertrag entlassen sowie Verträge zu neuen und ungünstigeren Bedingungen geschlossen. Wir sollten wissen, dass der BGH bisher („Bremer Vulkan“) eine Durchgriffshaftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern favorisierte. Jetzt stellt er neue Grundsätze auf:
„1. An dem Erfordernis einer als "Existenzvernichtungshaftung" bezeichneten Haftung des Gesellschafters für missbräuchliche, zur Insolvenz der GmbH führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen wird festgehalten.
2. Der Senat gibt das bisherige Konzept einer eigenständigen Haftungsfigur, die an den Missbrauch der Rechtsform anknüpft und als Durchgriffs(außen)haftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgestaltet, aber mit einer Subsidiaritätsklausel im Verhältnis zu den §§ 30, 31 BGB versehen ist, auf. Stattdessen knüpft er die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens an und ordnet sie - in Gestalt einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft - allein in § 826 BGB als eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung ein.
3. Schadensersatzansprüche aus Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB sind gegenüber Erstattungsansprüchen aus §§ 31, 30 GmbHG nicht subsidiär; vielmehr besteht zwischen ihnen - soweit sie sich überschneiden - Anspruchsgrundlagenkonkurrenz.“
11.07.2007: Katzenurteil des BGH. Das Urteil des BGH v. 11.07.07 - VIII ZR 110/06 – hat für uns auf der dreistufigen Interessenskala die Interessensstufe 2. Es geht um Fragen der Beweislastumkehr. § 476 BGB stellt bekanntlich die widerlegliche Vermutung auf, dass Mängel, die sich in den ersten 6 Monaten nach Gefahrübergang zeigen, schon im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin von der Beklagten – offensichtlich einer professionellen Züchterin – einen Kater für ihre beiden weiblichen Katzen am 06.10.02 gekauft, um Tiere zu züchten und die Würfe weiter zu verkaufen. Am 26.10.02 stellte sich heraus, dass der Kater eine Pilzerkrankung hatte. Es war nicht herauszubekommen, wo sich das Tier die Erkrankung gefangen, ob sie schon bei Übergabe vorlag oder später eingetreten war. Die Erkrankung hat nämlich eine Inkubationszeit zwischen 7 und 14 Tagen bis 1 ½ Jahren. Da es ungeklärt blieb, ob die Beschaffenheit der Ware (pardon, aber es gilt § 90a BGB) schon im Zeitpunkt der Übergabe nicht einwandfrei war, kam es darauf an, ob § 476 BGB anzuwenden war. Eigentlich ungerecht im vorliegenden Fall, denn die Vorschrift sanktioniert den Wissensvorsprung und die besseren Erkenntnismöglichkeiten, die der Verkäufer als Unternehmer hat, wobei von einem Wissensvorsprung hier nicht die Rede sein konnte. Dachte sich aus das zuvor entscheidende LG und lehnte die Anwendung des § 476 BGB ab. Anders der BGH. Er will § 476 BGB angewendet wissen. Seine These: Es kommt nicht darauf an, dass es den Wissensvorsprung des Unternehmers im Einzelfall nicht gibt. Ansonsten würde die Vorschrift immer dann leer laufen, wenn es um verdeckte Mängel ginge. Man wird also von einer typisierten Betrachtungsweise ausgehen müssen und nicht auf den Einzelfall abstellen dürfen.
11.07.2007: Pauschalreise und Zusatzausflüge. Die Rspr. des BGH zu den am Urlaubsort veranstalteten Ausflügen ist bekannt und wird durch das Urteil des BGH vom heutigen Tage noch einmal bestätigt. Hauptleistungen des Pauschalreisevertrages sind Beförderung und Unterkunft. Wahlweise und gesondert zu buchende Leistungen können hinzutreten. Dazu gehören auch solche, die erst am Urlaubsort gebucht und von einem Dritten ausgeführt werden, insbesondere die üblichen Tageausflüge. Hier ging es um eine Tagesreise mit dem Bus nach Kairo. Der Reiseveranstalter haftet vertraglich für die Mängel der Sonderleistung gemäß § 651 f BGB nur dann, wenn es sich um vertraglich geschuldete Leistungen handelt. Fremdleistungen, die vor Ort nur vermittelt wurden, sind keine Eigenleistungen, bei denen der Veranstalter für ein Verschulden des Ausführenden als seines Leistungsträgers einzustehen hat. Also ist im Einzelfall zu prüfen, ob es sich um Eigenleistungen des Veranstalters oder um Fremdleistungen handelt. Ob eine Eigenleistung oder eine Fremdleistung vorliegt, hängt wiederum entscheidend davon ab, wie der Reiseveranstalter aus der Sicht des Reisenden auftritt. In den Klausuren wird genau dieser Gesichtspunkt ausführlich zu behandeln sein. Wird wie hier auf einem in die sog. Begrüßungsmappe eingelegten Prospektblatt der Eindruck erweckt, es handele sich um eine Sonderleistung des Veranstalters (Logo des Veranstalters, „Nur bei Ihrem E.-Reiseleiter buchbar.“), dann kann ein in erheblich kleinerer Schrift geschriebener Hinweis auf die bloße Vermittlungstätigkeit des Veranstalters an dem Eindruck von einer Eigenleistung nichts mehr ändern. Lektüre: Tonner, Zur nachträglichen Einbeziehung eines am Urlaubsort gebuchten Ausflugs in eine Pauschalreise, VuR 05, 224 f.
11.07.2007: Das unbekannte Rechtsleben der Pfandflasche. In 2 Urteilen vom heutigen Tage hat sich der BGH zum Recht der Pfandflasche geäußert. Von der Darstellung des Sachverhaltes soll, wie es so schön heißt, abgesehen werden. Wir werden uns aber merken, dass die Pfandflasche mit dem Verkauf des Getränks nicht in das Eigentum des Käufers wandert, sondern im Eigentum des Verkäufers bleibt. Zum anderen: Wer das Wort "Pfand" oder "Pfandflasche" aufdruckt, macht damit ein Angebot an jedermann, er werde den dort angegebenen Betrag gegen Rückgabe der Flasche erstatten. Apropos: Ein Angebot an jedermann liegt nach h.M. auch schon dann vor, wenn der Betreiber eines Selbstbedienungsladens die Ware in seinen Regalen auslegt. Mit dieser Lösung umgeht der BGH die Frage, ob nicht der Besitz der Flasche die Rechtswirkungen eines Zeichens iSv. § 807 BGB hat. So hatte noch das OLG Frankfurt als Vorgericht argumentiert (OLG Frankfurt NJW 2005, 3148). Damit wäre dann die Flasche zum „Inhaberpapier“ mutiert. Der BGH lässt ungeprüft, ob sich nicht gleichzeitig auch aus der Verpackungsverordnung die Pflicht zur Rücknahme der Pfandflasche und zur Bezahlung des Pfandes ergibt. Übrigens: Wenn die Flasche weiterhin im Eigentum des Verkäufers steht, wie steht es denn mit der Sachbeschädigung, wenn der Besitzer die Flasche beschädigt oder wegwirft? Naja, ein echter Strafrechtler bin ich halt nicht.
01.07.2007: Arme Unterhaltspflichtige – arme Berechtigte. Die neuen Unterhaltssätze sind raus. Die Unterhaltssätze liegen jetzt um durchschnittlich 5,00 € niedriger als die letzten, was nicht dafür spricht, dass der Aufschwung uns wirklich alle erfasst hat. Die neue Düsseldorfer Tabelle gilt für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 30.06.2009, ist also jetzt schon einsetzbar. Sie ist nicht nur über meine Link-Sammlung, sondern auch hier erreichbar. Grundlage der Düsseldorfer Tabelle ist die neue Regelbetrag-Verordnung. Die Berliner Tabelle ist die sog. Vortabelle zur Düsseldorfer Tabelle. Sie nennt in Ergänzung der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.07.07) die monatlichen Unterhaltsrichtsätze der im Beitrittsteil des Landes Berlin wohnenden minderjährigen unverheirateten Kinder. Sie ist hier nachzulesen.
29.06.2007: Neues WEG klopft an. Zum 01.07. tritt das neue Wohnungseigentumsgesetz (in der Fassung des Gesetzes v. 13.04.07) in Kraft. Die Reform des bisherigen WEG war insbesondere durch die Entscheidungen des BGH vom 20.09.2000 (BGHZ 145, 158 – „Jahrhundertentscheidung“ -) und vom 02.06.2005 (BGHZ 163, 154 – „Jahrtausendentscheidung“ -) angestoßen worden. Ein Kernpunkt ist die Schaffung erweiterter Beschlusskompetenzen zur Änderung von Vereinbarungen bzw. gesetzlichen Regelungen, in dem fortan verstärkt Mehrheitsentscheidungen (teils genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss, teils ist ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss erforderlich) der Wohnungseigentümer zugelassen werden. Ziel ist es, die Eigentümergemeinschaft durch die erleichterte Willensbildung insgesamt handlungsfähiger zu machen. Anstoß für diese Änderungen war insbesondere die Entscheidung des BGH vom 20.09.2000 zu den sog. Zitterbeschlüssen. Ferner hat die Reform die weit reichende Entscheidung des BGH vom 02.06.2005 berücksichtigt. In dieser Entscheidung hat der BGH die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft angenommen, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Folgende Regelungen sind in diesem Zusammenhang neu in das WEG aufgenommen worden: die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft (§ 10 VI WEG), das Verwaltungsvermögen (§ 10 VII WEG), die Haftung (§ 10 VIII WEG) und die Insolvenzfähigkeit (§ 11 III, IV WEG); § 27 WEG, der die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters betrifft, wurde neu verfasst. Verfahrensrechtlich bewirkt die WEG-Novelle, dass für die Gerichtsverfahren in WEG-Sachen (bisher FGG-Verfahren, § 43 WEG a.F.) ab dem 01.07.2007 die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuständig sind. Es soll so eine „Harmonisierung der Gerichtsverfahren“ erreicht werden. § 43 WEG n.F. bleibt Generalklausel in wohnungseigentumsrechtlichen Streitigkeiten; die Vorschrift hat aber nur noch Bedeutung für die ausschließliche (örtliche und sachliche) Zuständigkeit der dort genannten WEG-Sachen. Ansonsten verhandeln und entscheiden die Gerichte - unter Beachtung der Sonderregelungen in den §§ 44-50 WEG - nach den Vorschriften der ZPO. Für die Kostenentscheidungen gelten künftig die §§ 91 ff., 269 III ZPO; zwei Ausnahmen hiervon macht § 49 WEG. Im Hinblick auf die Verwaltung des Wohnungseigentums ist zu erwähnen, dass künftig eine Beschluss-Sammlung zu führen ist. Wohnungseigentümer und / oder Kaufinteressenten sollen hierdurch eine bessere Informationsmöglichkeit über den Inhalt aktueller Beschlüsse der Gemeinschaft haben. Weiteres Ziel der Reform war auch die Stellung der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Zwangsversteigerung wegen so genannter Hausgeldforderungen zu stärken. Durch Neubelegung der Rangklasse 2 des § 10 I ZVG genießen (Hausgeld-) Forderungen der Gemeinschaft nunmehr ein begrenztes Vorrecht vor Grundpfandrechten. (Quellen: Blankenstein, WEG-Reform 2007, WRS-Verlag, Planegg/München 2007; Löffler/Weise, WEG-Reform – Die neuen Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes, in: MDR 2007, S. 561 ff.; Niedenführ, Die WEG-Novelle 2007, in: NJW 2007, S. 1841 ff.) – Beitrag v. Ref.in Claudia Eiermann, Bonn.
24.05.2007: Unterhaltsrechtsreform wird reformiert. Gestern hatte ich noch spekuliert, ob die Unterhaltsrechtsreform tatsächlich zur vorgesehenen Zeit (am Freitag) verabschiedet wird. Jetzt ist es laut dpa klar, dass die Unterhaltsrechtsreform im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG (News vom 23.05.2007) zunächst einmal gestoppt wird. Kein seltener Fall, dass eine Reform reformiert wird. Ich erinnere an einen anderen Fall, der weniger Aufsehen erregt hat. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, das am 01.01.2002 in Kraft getreten ist, musste wegen schwerwiegender redaktioneller Mängel alsbald reformiert werden. Das geschah durch das ganz unspektakulär wirkende OLG-VertretungsänderungsG.
23.05.2007: Beziehungs-Los. Jetzt haben wir es amtlich, Das BVerfG hat in seinem heute veröffentlichten Beschluss v. 09.02.2007 - 1 BvL 9/04 – die §§ 1570 BGB und 1615l II 3 BGB auf verschiedene Waagschalen gelegt und festgestellt, dass die nicht verheiratete Mutter beim Unterhalt im Hinblick auf Art. 6 V GG zu schlecht wegkommt. Man vergleiche: Nach § 1570 BGB hat die Mutter bis zum 8. Lebensjahr des Kindes oder bis zum Ende der Grundschulzeit Anspruch auf Unterhalt, wenn sie das Kind betreut. Der in der Regel erfreute nichteheliche Vater zahlt gemäß § 1615l II 3 BGB an die betreuende Mutter selten mehr als 3 Jahre. Wegen Einzelheiten vgl. hier. Die Ungleichbehandlung muss laut BVerfG am 31.12.2008 ein Ende haben. Wir dürfen spekulieren, ob sich wegen dieser Entscheidung die Unterhaltsrechtsreform verschiebt.
23.05.2007: Adäquanzprobleme beim posttraumatischen Belastungssyndrom. „Die posttraumatische Belastungsstörung ist eine emotionale Störung, die als Reaktion auf ein psychisches Trauma auftritt, das die individuellen Bewältigungsstrategien der betroffenen Person deutlich überfordert hat. Charakteristisch sind Albträume, Schlafstörungen sowie das immer wiederkehrende unwillkürliche Nacherleben der bedrohlichen oder als bedrohlich erlebten traumatisierenden Situation in so genannten Flashbacks.“ (OLG Koblenz v. 04.10.05 – AZ.: 12 U 961/99). Dass der Verkehrsunfallverursacher für den seelischen und materiellen Schaden des Unfallopfers zu haften hat, ist selbstverständlich. Der BGH hat soeben einen Fall entschieden, in dem nicht das Unfallopfer, sondern der mit der Unfallsituation konfrontierte Polizeibeamte eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten hat (BGH v. 22.05.07 - VI ZR 17/06 –). Traumatisierte Polizeibeamte hatten mit ansehen müssen, wie eine vierköpfige Familie im Fahrzeuge verbrannte, nachdem der beklagte Geisterfahrer das Fahrzeug gerammt hatte. Der BGH sieht den Zurechnungszusammenhang gestört. Es habe sich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, das jeden treffen könne, der als zufälliger Zuschauer dem fürchterlichen Ereignis beigewohnt habe. Ob sich dieses Ergebnis wirklich mit dem allgemeinen Lebensrisiko begründen lässt, erscheint mir recht zweifelhaft. Denn die Polizeibeamten haben mit der Wahl ihres Berufes und der Bereitschaft zur Wahrnehmung des Notdienstes auf Autobahnen und Landstraße ein besonderes berufsspezifisches Risiko übernommen. Mir scheint es daher näher liegend, wenn der Zurechnungszusammenhang wegen dieser persönlichen Entscheidung als unterbrochen angesehen wird. Immerhin spricht auch der BGH davon, dass die Situation des Polizeibeamten anders ist als die eines Unfallopfers, dem sie durch den Schädiger aufgezwungen worden ist.
22.05.2007: Tiere und Parabolantennen – Grüße vom Murmeltier. Jeder Mietrichter hat schon darüber entscheiden müssen, ob Parabolantennen zusätzlich zum Breitbandkabelanschluss aufgestellt werden dürfen und ob Tiere in der Wohnung gehalten werden dürfen. Weil es tägliches Brot des Juristen ist, sollten wichtige Entscheidungen auch an dieser Stelle einmal erwähnt werden. Die Aufstellung von Parabolantennen – so der BGH (U. v. 16.05.07 - VIII ZR 207/04 -) – muss der Vermieter nicht genehmigen, weil die Verweisung auf den vorhandenen Kabelanschluss einen sachbezogenen Grund darstellt. Eine Ausnahme leitet der BGH aus § 242 BGB i.V.m. Art. 5 I GG her. Das Informationsinteresse, das durch den zusätzlichen Empfang von Satellitenprogrammen befriedigt wird, hat (nur dann) Vorrang, wenn die Schüssel baulich unauffällig ist, z.B. verdeckt und nicht fest montiert auf einem nicht einsehbaren Teil des Mieterbalkons steht.
Nur einen Katzensprung ist es bis zu der erstaunlich stark beachteten Entscheidung des AG Arolsen vom 08.03.07 -2 C 18/07 (70), 2 C 18/07 -. Das hat nämlich entschieden, dass die Katzenhaltung in einer Mietwohnung andere Mieter nicht zur Minderung der Miete wegen eines Mietmangels nach § 536 BGB berechtigt, selbst wenn diese unter Katzenallergie leiden. Die sog. Sollbeschaffenheit der Mietwohnung war nicht zu beanstanden. Vermietet war eine Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus, bei der damit zu rechnen ist, dass der Vermietern anderen Mietern die sog. Kleintierhaltung erlaubte. Die Beeinträchtigung bei der Nutzung der Wohnung durch den mindernden Mieter rührte lediglich aus dessen Überempfindlichkeit gegen die gehaltene Katze her.
06.05.2007: Der Alptraum von dem anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr. Manche Referendare werden nach den Urteilen des BGH v. 07.03.07 – VIII ZR 86/06 – und v. 14.03.07 – VIII ZR 184/06 – etwas aufatmen. In den Zivilrechtsstreitigkeiten ist es ganz selbstverständlich, dass die Rechtsanwälte den „nicht anrechenbaren Teil ihrer Geschäftsgebühr“ einklagen. Häufig geht es dann um die Frage, wie sich der anrechenbare Teil ermittelt. Sich in der Einzelausbildung damit herumzuschlagen, ist schon schlimm genug. Und wenn dann noch ein böser Prüfer im Examen mal lässig als Nebenforderung eine Klage auf Zahlung des nicht anrechenbaren Teil der Geschäftsgebühr einbaut, könnte beim Kandidaten Panik ausbrechen. Jetzt herrscht im Tunnel etwas Licht Denn der BGH verweist darauf, dass nach der Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 IV zu Nr.3100 VV RVG die Geschäftsgebühr auf die später nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Das hat die schöne Folge, dass die gerichtliche Verfahrensgebühr zu mindern ist, nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr. Ergebnis: Die Geschäftsgebühr kann in voller Höhe eingeklagt werden. Die Verrechnung mit dem anrechenbaren Teil findet ggf. im Kostenfestsetzungsverfahren statt. Der Referendar muss sich um die Frage der Anrechenbarkeit nicht mehr kümmern. Er kann, wenn die Voraussetzungen eines materiellen Kostenerstattungsanspruchs (hierzu News vom 18.02.2007) vorliegen, die volle Geschäftsgebühr zusprechen. Es bleibt allerdings die Frage, wie hoch Gegenstandswert und Kostenansatz sind.
18.04.2007: Darlehensabtretung und Bankgeheimnis. Eine für beide Examina wichtige Entscheidung des BGH (U. v.27.02.07 - XI ZR 195/05 -) ist soeben veröffentlicht worden. Die Raiffeisenbank hatte als Zedentin ihre Forderungen gegen die Darlehensnehmer – die Beklagten zu 1) und 2) - sowie die ihr zustehenden Sicherheiten – u.a. die von dem Beklagten zu 3) übernommene Bürgschaft - an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin hatte die Refinanzierung übernommen, die Raiffeisenbank hatte sich die Abtretung zur Refinanzierung in dem Vertrage formularmäßig vorbehalten. Aus diesem recht übersichtlichen Sachverhalt ergeben sich einige spannende Fragen, die der BGH zu beantworten hatte. Die bedeutendste Frage war diejenige, ob die Abtretung gegen vertragliche oder gesetzliche Abtretungsverbote verstieß. Der BGH prüft ein Abtretungsverbot nach § 399, 2. Alt. BGB i.V.m. einer stillschweigenden Ausschlussvereinbarung und i.V.m. dem von der Bank zu beachtenden Bankgeheimnis, schließlich auch das gesetzliche Abtretungsverbot nach § 134 BGB. Das wunderbar strukturierte Urteil kann eine vortreffliche Grundlage für eine Klausur oder ein Prüfungsgespräch sein. Der BGH hat eine stillschweigende Ausschlussvereinbarung unter Hinweis auf den vertraglichen Vorbehalt der Refinanzierung verneint. Ferner folgt er der h.M., wonach das Bankgeheimnis der Abtretung nicht entgegensteht (a.A. OLG Frankfurt/Main (WM 04, 1387). Hiernach hat die Verschwiegenheitspflicht einen rein schuldrechtlichen Charakter (Schutz der Vermögensinteressen des Schuldners gemäß § 280 I BGB i.V.m. § 241 II BGB), ein dingliches Abtretungsverbot folgt hieraus nicht. Das muss vertraglich vereinbart werden. Das gesetzliche Abtretungsverbot nach § 134 BGB greift ebenfalls nicht ein. Die Abtretung von Honorarforderungen der Ärzte und Anwälte hat der BGH zwar von der vorherigen Einwilligung des Schuldners abhängig gemacht (BGHZ 115, 124 ff. betr. Arzt/Zahnarzt; BGHZ 122, 117 betr. Rechtsanwalt), dies aber nur, weil dort das von § 203 I StGB sanktionierte Berufsgeheimnis im Spiel steht. Der Verstoß gegen das Bankgeheimnis kennt solche Bestrafung nicht. Ein denkbarer Verstoß gegen die vom BDSG nicht erlaubte Datenübertragung (§ 3 IV 2 Nr. 3 a BDSG, § 3 IV 1 BDSG, § 4 I BDSG) soll laut BGH keine Wirkung haben, weil das BDSG kein Verbotsgesetz ist. Seine Wirkungen gehen nicht weiter als das Bankgeheimnis. Unbedingt lesen!
03.04.2007: Brillanter Abgang. Das AG Wiesbaden (AZ.: 91 C 12 74/07) hat heute in einem Streit zwischen Tochter und Mutter eines Verstorbenen entschieden, dass die Asche des Verstorbenen nicht ohne weiteres im Ausland zu einem Diamanten gepresst werden darf. Diese Anekdote deutschen Rechtslebens hat einen Hintergrund, der im zivilrechtlichen Aktenvortrag oder in Zivilrechtsklausuren unter dem Stichwort Totenfürsorge durchaus mal abgefragt werden kann. Bitte nicht mit dem öffentlichrechtlichen Bestattungsrecht verwechseln. Ich versuche, es kurz zu machen: Die Totenfürsorge ist ein absolutes Recht im Sinne von § 823 I BGB, das dem Totenfürsorgeberechtigten zusteht (vgl. z.B. LG Leipzig FamRZ 05,1124). Der Berechtigte kann Unterlassung und Beseitigung (§ 1004 BGB i.V.m. § 823 I BGB) sowie Schadensersatz von demjenigen verlangen, der gegen die Totenfürsorge verstößt. Wer die Totenfürsorge hat, trifft die maßgeblichen Entscheidungen z.B. über den Ort der Bestattung sowie über die Art und Weise. Inhaber der Totenfürsorge ist derjenige, der von dem Verstorbenen zu Lebzeiten hierfür bestimmt worden ist, das muss also nicht unbedingt der Erbe sein (z.B. Lebensgefährte). Die Bestimmung kann im Testament, aber auch ganz formlos getroffen worden sein. Fehlt die Bestimmung, obliegt die Totenfürsorge dem nächsten Angehörigen des Verstorbenen. Zu bezahlen hat’s der Erbe (§ 1968 BGB). Für die Frage, wie der Berechtigte mit dem Leichnam zu verfahren hat, ist wiederum in erster Linie der Wille des Verstorbenen maßgeblich. Der Wille kann auch ganz formlos geäußert werden („Hier auf diesem Friedhof möchte ich meine letzte Ruhe finden.“). Im Rechtsstreit muss derjenige, der einen solchen Willen geltend macht, den Beweis erbringen (BGH FamRZ 92,657). Eine freie Entscheidung des Berechtigten ist erst dann möglich, wenn sich ein geäußerter Wille nicht feststellen lässt. Auch dann ist natürlich öffentliches Bestattungsrecht zu beachten. Soweit das Reichsgesetz über die Feuerbestattung noch gilt, sind die Regeln dieses Gesetzes (mit kaum nennenswerter Änderung gegenüber den voraufgeführten Regeln) maßgeblich. Was die Frage des einstweiligen Rechtsschutzes angeht, so muss der Bearbeiter in jedem Einzelfall prüfen, ob er angesagt ist. Wäre es im Fall des AG Wiesbaden die Tochter gewesen, die den einstweiligen Rechtsschutz begehrte, damit der Vater ihr möglichst bald in gepresster Form vorlag, so wäre diese auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen gewesen, denn Totenasche lässt sich auch nach Jahren noch bearbeiten. Weitere Lektüre: Palandt/Edenhofer, BGB, 66.Aufl.2007, Einl. V. § 1922 BGB, Rn.9-11; BGH FamRZ 92,657; OLG Karlsruhe v. 26.7.01 - 9 U 198/00 -
31.03.2007: Frühjahrsputz im Familienrecht. Das Familienrecht wird gehörig abgestaubt und umgekrempelt. Am 27.03.2007 hat die BJM einen Gesetzesentwurf zum Abstammungsrecht vorgelegt, womit die Bundesregierung blitzschnell auf das Urteil des BVerfG v. 13.02.07- 1 BvR 421/05 – reagiert. Na, ja, ganz so blitzschnell ist es nun doch nicht. Es liegt schon seit 2005 ein Gesetzentwurf des Landes Bayern vor, den der Bundesrat jetzt am 30.03.2007 beim Deutschen Bundestag eingebracht hat. Das BVerfG hatte in dem angesprochenen Urteil ein rechtsförmiges Verfahren verlangt, in dem die Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater geklärt und nur ihr Bestehenoder Nichtbestehen festgestellt werden kann. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber für eine derartige Regelung zur Feststellung der Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater eine Frist bis zum 31.03.08 gesetzt. Nach dem Gesetzentwurf wird es demnächst zwei Verfahren nebeneinander geben: I. das Verfahren auf Klärung der Abstammung; II. die Anfechtung der Vaterschaft. Ganz neu ist I. Den genauen Wortlaut des Entwurfs finde ich zur Zeit noch nicht (Vgl. hier). Nach den auf der Seite der Justizministerin veröffentlichten „Eckdaten“ sollen Vater, Mutter und Kind ein Anspruch auf Klärung der Abstammung bestehen, was bedeutet, dass der Anspruchsgegner für die Entnahme von Proben zum Zwecke der Untersuchung und der Erstellung des Abstammungsgutachtens zur Verfügung stehen muss. Das Familiengericht soll die verweigerte Einwilligung ersetzen können, muss aber im Einwilligungsverfahren das Kindeswohl beachten. Daran knüpft sich eine Reihe von Fragen: Wer darf den Arzt wählen? Welcher Arzt darf gewählt werden (Es gibt einen großen Kreis interessierter Ärzte, deren Standard gesichert sein muss – vgl. hier -, so dass zwischen den Parteien nach Person und Ort Streit über den „richtigen“ Sachverständigen entstehen kann)? Welcher Zwang kann ausgeübt werden, wenn die Einwilligung vom Gericht ersetzt worden ist (Gilt eine dem § 372a ZPO ähnliche Vorschrift?)? Welche Einwilligungsgrenzen setzt das Kindeswohl? Gibt es Besonderheiten für denjenigen Mann, der die Vaterschaft freiwillig anerkannt hat, nach der Trennung von der Kindesmutter aber seine Kenntnis von der Nichtvaterschaft ausnützen möchte? Welche Bedeutung hat das schließlich eingeholte Gutachten? Welchen Wert hat es bei Gericht? Ist die Situation mit dem im Beweissicherungsverfahren (§§ 485 ff. ZPO) eingeholten Gutachten zu vergleichen? Interessant wird sein, dass es ganz neue Anfechtungsfristen geben wird. Lesen Sie sich einmal die Beispiele auf der Seite der BJM durch.
Schon ein paar Tage früher – am 22.03.2007 - hat sich die Koalition auf ein neues Unterhaltsrecht geeinigt, das bereits zum 01.07.2007 in Kraft treten soll. Das Unterhaltsrecht wird demnächst die auch bisher schon angewandten Prinzipien noch stringenter handhaben. Das bedeutet: absoluter Vorrang des Kindesinteresses, mehr Eigenverantwortlichkeit des Bedürftigen, der nicht so schnell mehr auf seine Bedürftigkeit verweisen kann, Besserstellung der nicht verheirateten Mutter.
25.03.2005: Recht des Fitnessvertrages: Sind Sie fit? Der Fitnessvertrag ist ein knuffiger, leicht überschaubarer Rechtsbereich. Kein Wunder, dass er Heimat für zahlreiche Klausuren und Vorträge ist. Dabei ist die Chance ziemlich groß, dass ein falscher Rechtsansatz gewählt wird. Grund genug, dass Sie sich die folgende Struktur einmal anschauen. Mehr ...
21.03.2007: BGH pflegt die Schrottimmobilien. Nein, das ist ungerecht, er pflegt nur die Rspr. zu den Schrottimmobilien. Neuestes Urteil: v. 20. 3. 07 – XI ZR 414/04 -. Zugrunde liegt eine Klage der Darlehensnehmer gegen die Bank, die von ihnen den Beitritt zu einem möglicherweise dubiosen Mietpool verlangt hatte. Bei einem Mietpool handelt es sich um eine Mieteinnahmegemeinschaft, der die Eigentümer einer Wohnanlage beitreten und die über die Ausschüttung der abzuführenden Mieteinnahmen sowie über die selbstständige Aufnahme von Darlehen entscheidet. Wieder einmal geht es um die Frage nach den (vorvertraglichen) Aufklärungspflichten der Bank (§ 280 I BGB). Der BGH differenziert: Die Bank hat allein deshalb, weil sie den Beitritt zum Mietpool zur Voraussetzung für die Darlehensgewährung gemacht hat, noch keine Aufklärungspflichten. Solche ergeben sich aber aus ihrer Kenntnis von spezifischen Risiken des Mietpools. Solche Risiken können sein: bereits bestehende Überschuldung des konkreten Mietpools; bestehende Darlehensschulden, für die der Anleger als Poolmitglied haften muss; überhöhte Ausschüttungen, die dem Anleger den falschen Eindruck von der Rentabilität und Finanzierbarkeit der Anlage vermitteln. In dem vom BGH entschiedenen Fall hat der bedauernswerte Darlehensnehmer also die Aufgabe, die Kenntnis der Bank von den Risikoumständen zu beweisen. Wir wissen: Die Kenntnis ist eine innereTatsache. Da ist es immer schwierig, den erforderlichen Beweis zu erbringen.
18.02.2007: Abwehr unberechtigter Ansprüche – ein Klassiker. Am 16.02.2007 wurde ein Urteil des BGH v. 12.12.06 - VI ZR 224/05 - veröffentlicht, das sich wieder einmal zu einem Klausurenklassiker äußert. Es geht um die (Anwalts-)Kosten, die bei der Abwehr unberechtigter Ansprüche entstehen und um die Frage, ob der zu Unrecht in Anspruch Genommene auf seinen Kosten sitzen bleibt, wenn er sich der Hilfe eines Anwaltes bedient. Zeit genug für Studenten und Referendare, sich mit dem sog. materiellen Kostenerstattungsanspruch auseinanderzusetzen. Denn der BGH hat immer schon klargestellt, dass es für denjenigen, der zu Unrecht in Anspruch genommen wird, nur dann einen Anspruch auf Erstattung seiner Anwaltskosten gibt, wenn er sich auf eine materiellrechtliche Anspruchsgrundlage berufen kann (z.B. BGH NJW 86, 2243, keine Analogie zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch nach §§ 91, 788 ZPO, man befindet sich ja schließlich nicht vor Gericht). In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Beklagte von der Klägerin den lächerlichen Betrag von etwa 200.000,00 DM zurückgefordert und dann erkannt, dass an seinem Anspruch nichts dran war. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin aber bereits ihren Anwalt eingeschaltet, der von ihr für seine Tätigkeit 2.483,66 € kassierte, ein Betrag, den die Klägerin von dem Beklagten zurückforderte. Ohne Erfolg, wie der BGH nachgewiesen hat. Ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch kann sich etwa aus Vertrag, Verzug, positiver Vertragsverletzung, culpa in contrahendo, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Delikt ergeben. Wir halten fest: Zwischen den Parteien bestand kein Vertragsverhältnis, den von dem Beklagten behaupteten Darlehensvertrag hat es ja gerade nicht gegeben. Bleiben Delikt und GoA. Eine unerlaubte Handlung hat der Beklagte nicht begangen, als er sich der vermeintlichen Darlehensforderung berühmte. Zumindest hat er in kein geschütztes Rechtsgut eingegriffen, das Vermögen wird bekanntlich durch § 823 I BGB nicht geschützt. Und für § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB sowie für § 826 BGB fehlen die Anhaltspunkte. Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 BGB) lehnt der BGH ab, weil die Abwehr des Anspruchs des Beklagten ersichtlich nicht seinem Interesse und mutmaßlichen Willen entsprach. Das vorinstanzliche Gericht hatte noch verzweifelt versucht, der Klägerin eine Anspruchsgrundlage zu verschaffen, indem es mit einer Sonderverbindung zwischen den Parteien argumentierte, die der Beklagte durch die Erhebung seines Anspruchs begründet habe. Allein durch die Geltendmachung eines Anspruchs, der tatsächlich nicht besteht oder jedenfalls nicht weiter verfolgt wird, entsteht eine solche Sonderverbindung jedoch nicht. So der BGH. Der Referendar wird in Anwaltsklausuren überlegen müssen, wie er als Anwalt der Klägerin ihr doch noch zu der Kostenerstattung verhelfen kann. Er wird in diesem Zusammenhang der Klägerin die negative Feststellungsklage empfehlen müssen (Festzustellen, dass dem Beklagten kein Darlehensanspruch zusteht).
08.02.2007: OLG Dresden und die Ehegattenbürgschaft. Das noch nicht veröffentlichte Urteil des OLG Dresden v. 6.12.06 - 12 U 1394/06 - führt uns in die Probleme der Ehegattenbürgschaft ein. Ein Dauerbrenner in den Klausuren. Die Grundsätze sollte jeder kennen. Mehr...
26.01.2007: Keine Beginn der Verjährung ohne Kenntnis des Gläubigers. Das ist kein überraschender Satz. Steht nämlich so in § 199 I Nr.2 BGB. Der Verjährungsbeginn hängt eben nicht nur von der Entstehung des Anspruchs ab (§ 195 II Nr.1 BGB), sondern auch davon, dass der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat und von der Person des Schuldners. Wenn der BGH deshalb in seinem Urteil vom 23.01.07 – XI ZR 44/06 – den Verjährungsbeginn auch in den Überleitungsfällen (Art. 229 § 6 I und IV EGBGB) vom Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen nach § 199 I Nr.2 BGB abhängig macht, ist das nur strikte Gesetzesanwendung. Ein anderer Gesichtspunkt ist für Studenten und Referendare interessanter: die Konsequenz bei der Rechtsanwendung. Die Kläger hatten in einem Treuhandvertrag der Treuhänderin umfassende Vollmacht zum Abschluss der Verträge erteilt, die für den Erwerb einer Eigentumswohnung erforderlich waren. Die Treuhänderin schloss namens der Kläger, aber ohne ihr Wissen mit der Beklagten einen Darlehensvertrag ab, um den Kaufpreis zu finanzieren. Die Sache hatte einen Haken. Die Treuhänderin hätte eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz haben müssen (st. Rspr. des BGH, zuletzt Urteil v. 24.10.06 -XI ZR 216/05 -). Hatte sie nicht. Der Vertrag war gemäß § 134 BGB i.V.m. Art. 1 § 1 RBerG unwirksam. Also konnten die Klägerin ihre eigenen Leistungen von der Beklagten gemäß § 812 I 1, 1.Alt. BGB zurückverlangen. Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede (§ 214 BGB) hing davon ab, ob die Kläger Kenntnis von dem Darlehensvertrag und der fehlenden Erlaubnis der Treuhänderin hatten (s.o.). Die Treuhänderin selbst kannte alle den Anspruch nach § 812 I BGB begründenden Tatsachen. War diese Kenntnis den Klägern nach § 166 I BGB zuzurechnen? Nein, mit dem Treuhandvertrag war ja auch die erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das RBerG nichtig.
19.01.2007: Das Recht des Strandgutes. Der Fall des chinesischen Frachters, der während des Orkans 10 Container mit Schuhen verlor, hat auch einen rechtlichen Hintergrund. Es geht um die Frage, wem die an den Strand gespülten Schuhe gehören. Bei der Frage nach dem Eigentum am Strandgut wird man wohl differenzieren müssen. (1) Geht bei einer Havarie Schiffsgut über Bord, dann dürfte es sich um verloren gegangene Gegenstände handeln. Die einschlägigen Sondervorschriften nach der Strandungsordnung vom 17. 5. 1874 wurden durch Gesetz vom 28. 6. 1990 (BGBl. I S. 1221, 1243) aufgehoben und gelten nicht mehr (Quack in Münchener Kommentar, 4. Aufl. 2004, § 958 BGB, Rn.20). Dies bedeutet, dass es das frühere spezielle Aneignungsrecht bezüglich des Strandguts nicht mehr gibt. Das freie Aneignungsrecht nach § 958 I BGB dürfte ebenfalls nicht bestehen, weil es nur für herrenlose Sachen gilt, das Strandgut aber verloren gegangen und nicht herrenlos ist. Also dürfte das Fundrecht des BGB (§§ 965 ff. BGB) einschlägig sein. Ergebnis: Der Finder erwirbt (zunächst) kein Eigentum. Er muss die Fundsache dem materiell Berechtigten, er kann sie dem Verlierer herausgeben (§ 969 BGB). Stehen der Verlierer oder der Empfangsberechtigte nicht fest, muss der Finder die Sache nach § 966 BGB ordnungsgemäß verwahren und erhalten, ggf. muss er sie an die Verwaltungsbehörde abliefern. Örtliche und sachliche Zuständigkeit der Fundstellen richtet sich nach Landesrecht. (2) Erst wenn die Sache herrenlos wird, dürfte ein Aneignungsrecht nach § 958 I BGB bestehen. Verloren gegangene Sachen werden aber zumeist nicht mehr herrenlos. Anders evtl. bei einem herrenlosen Schiff, so weit es erkennbar aufgegeben wird. So lange es schwimmt, wird das eher selten der Fall sein. (3) Strandgut aus alten Schiffen unterfällt dem Schatzregal. In den Bundesländern bestehen sog. Schatzregalien, weshalb der gefundene Schatz dort in das Eigentum des Landes fällt. Schätze, die auf dem eigenen (Strand-)Grundstück gefunden werden, gehören nur in Bayern, Hessen und NRW dem Grundstückseigentümer (Koch, Schatzsuche, Archäologie und Strafrecht - Strafrechtliche Aspekte so genannter „Raubgräberei“, NJW 06, 557 ff), aber diese Länder liegen nicht gerade im Einzugsbereich des Meeres
11.01.2007: Von langsamen Gerichten und dem sparsamen Staat. In seinem Urteil vom 11.01.07 - III ZR 302/05 - musste der BGH heute über die Frage entscheiden, ob der Staat dafür zu haften hat, wenn der überlastete Rechtspfleger eine Grundbucheintragung erst 20 Monate nach der Antragstellung vornimmt. Der BGH löst den Fall wie Radio Eriwan: Im Prinzip ja. Bejaht wird eine Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG. Offensichtlich unterscheidet das höchste deutsche Zivilgericht hierbei zwischen der Amtspflichtverletzung, die der überlastete Grundbuchbeamte begangen haben könnte, und der Amtspflichtverletzung der zuständigen Behörde – des Amtsgerichts - und der übergeordneten Stellen, die darum hätten bemüht sein müssen, Abhilfe für die Unterbesetzung im Grundbuchamt zu schaffen. Von Interesse dürfte weiterhin sein, dass der BGH einen Anspruch aus legislativem Unrecht ablehnt. Dass der Haushaltsgesetzgeber nicht genügend Mittel zugewiesen und nicht genügend Stellen geschaffen hat, soll dem Bürger keinen Anspruch geben. Klausurträchtig wird der Fall, weil der BGH nach der Bewirtschaftung des weiten Feldes der Amtspflichtverletzung und des legislativen Unrechts auch noch auf den enteignungsgleichen Eingriff eingeht. Wenn der Noch-nicht-Eigentümer sein Eigentum wegen der verzögerten Eintragung nicht nutzen kann, steht ihm für die Zeit der Verzögerung ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff auf Entschädigung für die entgangene Nutzung zu. Wir erinnern uns daran, dass der enteignungsgleiche Eingriff ein hoheitlicher rechtswidriger Eingriff mit Enteignungswirkung in eine Eigentumsposition ist. Wer sich einen schnellen Überblick über das Recht der Enteignung verschaffen will, sei auf die Seiten 4 – 33 des Büchleins „KOMMENTIERTE SCHEMATA – Verwaltungsrecht II“ verwiesen.
02.01.2007: Eine neue Behörde: Bundesamt für Justiz. Seit gestern gibt es eine neue Behörde, das Bundesamt für Justiz. Auch Studenten und Referendare sollte die Behördenbezeichnung „fließend“ gebrauchen können und wissen, was dahinter steckt. Das Bundesjustizamt ist zentrale Registerbehörde. Dort werden ab sofort das Bundeszentralregister, das Gewerbezentralregister und das Zentrale Staatsanwaltliche Verfahrensregister geführt. Auf dem Zivilrechtsgebiete ist es Zentrale Behörde nach dem Auslandsunterhaltsgesetz (AUG). Es beherbergt die Bundeskontaktstelle im Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen. Praktisch „aus einer Hand“ haben wir jetzt die Vermittlung bei Internationaler Rechtshilfe, bei Auslandsadoptionen und bei Sorgerechtskonflikten mit Auslandskontakt. Viele Bundesbürger werden übrigens mit dem Amt unliebsame Bekanntschaft machen, wenn es um die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten geht.
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